Zeitungsartikel 2010

Hausschlachter durch EU-Erlass bedroht

Buchholz. Die Hausschlachterei Straßberger besteht seit 33 Jahren. Als die EU vor drei Jahren eine neue Richtlinie zur Fleischhygiene erließ, hätte das Straßberger als einen von nur noch zwei oder drei Betrieben in Schaumburg, die noch selber Hand ans Tier legen, zum Ende des Jahres die Existenz gekostet. Der sechsköpfige Familienbetrieb hat dann 45 000 Euro investiert, um seine Hausschlachterei zu dem zu machen, was sie schon immer war: blitzsauber und hygienisch.

„Alles blitzsauber“: Kai (links) und Günter Straßberger legen beim Verwursten größten Wert auf Hygiene. tw

Man kann es mit etwas Übertreibung, aber viel Recht auch so sagen: Es grenzt an ein Wunder, dass Straßberger an der Neuen Straße 2 überhaupt noch dazu kommt, Woche für Woche 10 bis 15 Schweine zu schlachten und zu verarbeiten. Denn der Papierkrieg, den das Schlachten mit all seinen Dokumentationspflichten heute nach sich zieht, ist enorm, füllt in dem kleinen Betrieb Ordner um Ordner.

Dass Kai Straßberger (36), der die Hausschlachterei 2002 von Vater Günter übernahm, nun Fleisch- und Wurstwaren aus Buchholz sogar in allen 27 Staaten der EU verkaufen darf, tröstet angesichts von über einer Stunde Mehrarbeit pro Tag, die allein der Bürokratie geschuldet ist, nicht wirklich. „Das“, sagt der Junior lächelnd, „wollen wir nämlich überhaupt nicht.“ Im Gegenteil: Straßberger wird wie gewohnt seine Kundschaft im Radius von 20 Kilometern aufsuchen und auf den Wochenmärkten in Bad Eilsen, Obernkirchen, Rolfshagen sowie auf dem Hof in Meinsen, der ihm die Schweine liefert, präsent sein. Ab und an geht die Ware auch noch an einzelne Kunden in Schleswig-Holstein und Bayern. Das reicht.

Doch wie auch immer: „Würden wir am 31. Dezember 2009 noch ohne EU-Zulassung sein, dürften war ab 1. Januar 2010 nicht mehr schlachten“, erinnert Günter Straßberger. Diese Gefahr ist durch die EU-Zulassung für Schlachtung und Verarbeitung jetzt gebannt. „Wir haben eine Hygieneschleuse eingebaut, in der Schuhe und Hände gewaschen und desinfiziert werden. Wir haben ein zweites Kühlhaus errichtet, in dem Fleisch und Wurst getrennt voneinander lagern. Wir haben einen Hygienefußboden eingezogen. Und wir haben die Decke mit einer Plane abgehängt, damit der Raum leichter zu reinigen ist“, zählt Kai Straßberger auf.

Nicht minder umfangreich war das, was von dem Buchholzer Betrieb für den Zulassungsantrag gefordert wurde: ein Gebäudeplan, ein weiterer, in dem die Aufstellung der Maschinen festgehalten wird, und, und, und … „Am Anfang habe ich gedacht: ,Das schaffst Du nie’“, blickt Kai Straßberger zurück.

Gefruchtet hat es am Ende dennoch. „Ein kleiner, aber feiner Betrieb“, befand die Prüferin des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, als sie „Straßberger“ unlängst unter die Lupe nahm. Die Buchholzer schlachteten ein Schwein quasi zur Ansicht, die Gutachterin ließ sich alle Arbeitsschritte zeigen – und kontrollierte danach auch noch das Eigenkontrollsystem des Betriebs, das die Familie akribisch dokumentieren muss. Das gilt auch für die Sauberkeit: Wer hat wann was wo gereinigt?

Straßberger muss jetzt auch Aufgaben schultern, die früher das Veterinäramt Bückeburg übernahm, welches die Familie für die tolle Zusammenarbeit sehr lobt. „Jetzt sind wir unsere eigenen Lebensmittel-Kontrolleure“, sagen die Buchholzer.
Straßberger erhält die Zulassung aufgrund von „§ 9 Abs. 1 Tier-LMHV in Verbindung mit Artikel 31 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004, Artikel 1 und Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 854/204 sowie Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 und Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 852/2004.“ tw